Bauleitplanung am nördlichen Ortsrand
In der gut besuchten Ortsbeiratssitzug am 3. November 2022 ging es u. a. um das Bebauungsplanverfahren „Nördlicher Ortsrand Ebersgöns“. Auch anwesend, der Bürgermeister, der sich zum Verfahren und zur Durchführung des Bauleitplanverfahrens äußerte.
Dazu ein paar rein persönliche Anmerkungen:
Vermisst habe ich Vertreter des Stadtparlaments. Diese waren es ja, die einerseits einen Grundsatzbeschluss und daran anknüpfend einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst haben. Ein Bebauungsplanentwurf, der sich nicht nur auf eine Fläche für ein Gerätehaus bezieht, wie alle Außenstehenden erwartet haben, sondern zusätzlich gleich ein komplett neues Baugebiet zum Gegenstand hat. Hier wäre es interessant gewesen, zu erfahren, welchen Wissensstand die Stadtverordneten eigentlich bei Ihren Beschlussfassungen hatten. War ihnen beim Grundsatzbeschluss schon bekannt, dass es nicht nur um die Fläche für das Gerätehaus geht? Man weiß es nicht.
Somit stellt sich die Frage, was ist zwischen Grundsatzbeschluss und Aufstellungsbeschluss passiert? Weder wurde die Ausweisung eines neuen Baugebietes in Ebersgöns diskutiert, noch erscheint dies zwingend geboten. Der von den Fraktionen CDU, SPD und FDP eingebrachte Grundsatzbeschluss bezog sich seinerzeit lediglich auf ein Feuerwehrgerätehaus Ebersgöns. Für die Bevölkerung kam der Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplans unter Einbeziehung einer zusätzlichen Wohnbebauung somit letztlich ziemlich überraschend. Wer hatte dem Magistrat eigentlich den Auftrag erteilt, eine Beschlußempfehlung für einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zu erstellen, der wesentlich mehr umfasst als ein Feuerwehrgerätehaus? Anscheinend entsteht in Butzbach der Bedarf an zusätzlicher Wohnbebauung über Nacht und weniger als Ergebnis städtebaulicher Konzepte. Die in der Beschlussvorlage nachzulesende Begründung für die Einbeziehung einer Wohnbebauung sind aus meiner Sicht weder zwingend noch stichhaltig und stellen keine ausreichende Rechtfertigung für die Maßnahme dar.
Was ich ebenfalls interessant finde ist die Tatsache, dass die Fläche für das Gerätehaus nicht im städtischen Besitz ist und der hiermit angestrebte Grundstückstausch. Im Grundsatzbeschluss wird in der Begründung ausgeführt, dass der Grundstückseigentümer seine Bereitschaft zum Grundstückstausch bereits signalisiert habe. Keine Aussage enthält der Grundsatzbeschluss, welche Liegenschaft zum Tausch angeboten worden ist. Ist es für Stadtverordnete unwichtig, welche Flächen zur Disposition stehen, oder wollte man die Information nur nicht gerne in die Öffentlichkeit tragen?
Auf Nachfrage hat der Bürgermeister bestätigt, dass es sich bei der angebotenen Tauschfläche um den Bereich handelt, der als Wohnbaufläche in den Bebauungsplan Eingang gefunden hat. Eine andere städtische Fläche wurde zum Tausch nicht angeboten.
Wenn es aber zu diesem Tausch kommen sollte, dann wäre die Stadt Butzbach später gar keine (Allein-)Eigentümerin mehr für den Bereich der vorgesehenen Wohnbebauung (flächengleicher Tausch unterstellt). Wenn sie an dieser (Teil-)Fläche aber kein alleiniges Eigentum mehr hat, ist es nur schwer vorstellbar, dass sie selbst das Baugebiet entwickeln wird. Viel naheliegender dürfte bei dieser Konstellation die Entwicklung des Areals durch einen Investor sein. Auf jeden Fall wohl ein gutes Geschäft für den Tauschpartner: er tauscht eine wesentlich preiswertere Ackerfläche letztlich gegen lukratives Bauland ein. Ob und wie die Stadt hier finanzielle Regelungen trifft, um von dem Kuchen ein Stück abzubekommen, wird spannend sein zu beobachten. Laut Bürgermeister sei zwar noch alles offen und keine Entscheidungen getroffen. Das mag sein, weil noch kein Vertrag zustande gekommen ist. Nur ist die Stadt hier in keiner idealen Verhandlungsposition. Vielleicht ist es mehr die Entscheidung der anderen Vertragspartei, wer hier was zu wessen Gunsten entwickelt.
Da der Aufstellungsbeschluss nun mal gefasst worden ist, ist das Verfahren in Gang gesetzt. Im Rahmen des Verfahrens kann es zu Änderungen des Bebauungsplanentwurfs kommen. Darauf wies auch der Bürgermeister immer wieder hin. Das bedeutet aber einerseits, dass sich die Bürger mit ihren Argumenten einbringen müssen, sobald die Möglichkeit dazu besteht. Andererseits müssen diese Einwendungen auch Gehör finden.
Nach Aussage des Bürgermeisters stehe der Grundstückstausch noch nicht fest und er wisse auch nicht, ob der Grundstückseigentümer weiterhin an einem Tausch interessiert sei, falls sich die Rahmenbedingungen änderten. Es könnte also passieren, dass der Tausch gar nicht zu Stande kommt. In diesem Falle hat die Stadt dann also ein Bauleitplanverfahren für ein Grundstück eingeleitet, auf das sie keinen Zugriff hat. Dies wäre für die Stadt natürlich ein Problem. Mal unterstellt, die Stadt will kein Problem, muss also der Tauschpartner zufrieden gestellt werden. Und da wäre es wieder interessant zu wissen, wie der Tausch denn konkret gedacht ist. Zu befürchten ist bei dieser Gemengelage, dass der politische Druck zum Erreichen einer bestimmten Lösung dadurch so hoch ist, dass ein ergebnisoffener Umgang mit Einwendungen darunter leiden könnte. Die Stadt könnte dem vorbeugen, in dem sie ein Grundstück zum Tausch anbietet, dass außerhalb dieses Verfahrens liegt. Es gibt ja sicherlich noch andere Ackerflächen in städtischem Besitz, die für einen einfachen Tausch in Frage kommen. Fraglich, ob der Tauschpartner dann immer noch zu einem Tausch bereit ist.
Bevor man in ein Bauleitplanverfahren investiert – auch die Planung- und Verfahrenskosten dürften ja nicht aus einer Portokasse zu zahlen sein – wäre es daher sinnvoll gewesen, einen Tausch oder Ankauf des Grundstücks so einzutüten, dass die Stadt Herrin des Verfahrens ist und bleibt und sich nicht in die Hände eines Dritten begibt.
Apropos Verfahrenskosten: Laut Stellungnahme FD Zentrale Finanzen war im Beschlussvorschlag zum Aufstellungsbeschluss zu den finanziellen Auswirkungen „Keine Stellungnahme erforderlich“. Somit erfahren wir leider ebenso wenig wie die Stadtverordneten, was denn die Beauftragung eines Planungsbüros und die Verfahrensdurchführung in etwa kosten dürfte. Kann ja sein, das ganze Verfahren war irgendwann umsonst, gratis war es dadurch jedenfalls nicht.
Und was wurde eigentlich konkret in der Machbarkeitsstudie der BWG zum neuen Standort für das Feuerwehrgerätehaus ausgesagt, auf die sich der Beschlussvorschlag des Magistrats bezieht? Wäre doch interessant zu wissen, ob dort schon über das Baugebiet und die Planungsgrundlagen etwas zu erfahren gewesen wäre. Sicher wurde auch diese Unterlage dem Ortsbeirat nicht zur Verfügung gestellt. Der Ortsbeirat sollte jedenfalls an dieser Studie Interesse haben.
Wie der Bürgermeister auf Nachfrage bestätigte, muss vor Inkrafttreten des Bebauungsplans auch noch der übergeordnete Flächennutzungsplan (siehe Bild) berücksichtigt werden. Dieser sieht nämlich für die in Rede stehenden Flächen derzeit nur landwirtschaftliche Fläche bzw. Fläche für einen Friedhof vor. Eine Wohnbebauung wäre somit nach Flächennutzungsplan derzeit dort nicht zulässig. Für den Flächennutzungsplan ist der Regionalverband FrankfurtRheinMain zuständig. Änderungen an diesem Plan verlaufen analog dem Verfahren zum Bebauungsplan. Die Stadt Butzbach wird also irgendwann eine Änderung des Flächennutzungsplans beantragen müssen. Im Rahmen dieses Verfahrens lohnt es sich dann auch als Bürger genau hinzuschauen und sich ggf. mit Anmerkungen in das Verfahren einzubringen. (Link zur Onlineversion des Flächennutzungsplans)
Da ja Absicht war, eine schnelle Lösung für ein Gerätehaus zu schaffen, bin ich umso erstaunter, dass diese fehlende Planungsgrundlage bisher weder bei Ortsbeirat noch bei den Stadtverordneten Thema war. Es würde mich zwar freuen, wenn für die Feuerwehr endlich eine angemessene Unterbringung geschaffen ist, ich befürchte aber, dass die erhoffte schnelle Lösung bei dem eingeschlagenen Weg wohl doch noch etwas länger auf sich warten lassen wird als gedacht.
Andreas Wilhelm